Schilfglasflügelzikade - Warndienstaufruf, Auflagen, ackerbauliche Maßnmahmen, amtliches Monitoring

geflügelte Insekten in einer Petri-Schale

Die Fangzahlen im Monitoring zeigen einen deutlichen Rückgang.

Mit den über die Notfallzulassungen ermöglichten Bekämpfungsmaßnahmen sollte der als besonders kritisch eingestufte Zeitraum von Flugbeginn bis Flughöhepunkt der Zikade abgedeckt werden. Um dies zu erreichen, wurden drei Insektizidbehandlungen im Abstand von ca. 12 Tagen empfohlen. Aufgrund der abnehmenden Fangzahlen sollte es gelungen sein, den besonders kritischen Flugzeitraum der Zikaden mit drei Insektizidmaßnahmen abzudecken.

Zudem zeigen aktuelle Untersuchungen von im Dienstgebiet gefangenen Schilfglasflügelzikaden, dass diese nur etwa zu 20 Prozent mit Stolbur- oder SBR-Überträgern infiziert waren, das bedeutet im Umkehrschluss, dass vom Großteil der Zikaden trotz Auftreten keine Infektionsgefahr ausgegangen ist.

Weitere Behandlungsmaßnahmen, insbesondere die Ausweitung auf eine vierte Maßnahme sind aus fachlicher Sicht nicht erforderlich, aber unter Einhaltung der geltenden Auflagen auch nicht verboten.

Allgemeines

Für die Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade in Zuckerrüben und Kartoffeln erhielten einige Insektizide vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit eine Notfallzulassung. Damit sollen einerseits die Ertrags- und Qualitätsverluste minimiert und gleichzeitig die Vektorpopulation, also die Schilf-Glasflügelzikaden, reduziert werden. Ergänzend zu einem möglichen Insektizideinsatz sind zwingend pflanzenbauliche Maßnahmen zu ergreifen. So soll der Anbau von Wintergetreide nach Zuckerrüben oder Kartoffeln unterlassen werden. Dadurch wird den Nymphen Nahrung entzogen, was zu einer Reduktion der Nymphen im Boden führt.

Auch wenn mit den Notfallzulassungen die Möglichkeit zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikadenbekämpfung geschaffen wurde, ist der Einsatz der Insektizide mit strengen Auflagen verbunden und nur unter bestimmten Bedingungen möglich.

Es wurden daher bundesweit die Anbaugebiete in drei verschiedene Befallsregionen eingeteilt.

  • Sogenannte Hotspotregionen: Hier ist eine Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade möglich, sobald ein amtlicher Warndienstaufruf erfolgt. Dies sind für das Dienstgebiet des AELF Augsburg folgende Landkreise: Kreis Eichstätt, Kreis Donau-Ries, kreisfreie Stadt Ingolstadt, Kreis Neuburg-Schrobenhausen, Kreis Pfaffenhofen Ilm
  • Sogenannte Übergangsregionen: Kreis Aichach-Friedberg, Kreis Augsburg, Kreis Dillingen. Hier ist eine Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade nach amtlichen Warndienstaufruf nur dann möglich, wenn Sie als Landwirt nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass für Sie eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
    • Im letzten Jahr kam es bei Ihnen durch das Auftreten der Zikade zu Ertragseinbußen in Zuckerrüben oder Kartoffeln
    • Im letzten Jahr kam es bei Ihnen durch das Auftreten der Zikade zu verringerten Zuckergehalten im Rübenanbau
    • Im letzten Jahr kam es bei Ihnen durch das Auftreten der Zikade zum Symptom der Gummiknollen bzw. Gummirüben
    • Im letzten Jahr hatten Sie Flächen, auf denen viele Pflanzen (10 – 50 %) Symptome von SBR bzw. Stolbur zeigten.
  • Sogenannte Grenzregionen: Kreis Fürstenfeldbruck, Kreis Dachau, Kreis Landsberg am Lech, Kreis Günzburg, Kreis Neu-Ulm, Kreis Unterallgäu, Kreis Ostallgäu, Kreis Oberallgäu. Hier ist aufgrund der Befallssituation kein Insektizideinsatz gerechtfertigt. Eine Bekämpfung der Schilf-Gasflügelzikaden mit Insektiziden ist daher in diesen Regionen nicht möglich.

Amtlicher Warndienstaufruf zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade für folgende Landkreise:

  • Kreis Augsburg
  • Stadt Augsburg
  • Kreis Dillingen
  • Kreis Donau-Ries
  • Kreis Eichstätt
  • kreisfreie Stadt Ingolstadt
  • Kreis Neuburg-Schrobenhausen
  • Kreis Pfaffenhofen an der Ilm
  • Kreis Aichach-Friedberg

Der Warndienstaufruf bedeutet, dass behandelt werden darf. Es besteht keine Verpflichtung zur Behandlung. Der Warndienstaufruf ist auch nicht so zu verstehen, dass sofort behandelt werden muss. Da je nach Schlag die Situation sehr unterschiedlich sein kann, schauen Sie sich am besten vor einer Behandlung ihre Bestände an, ob auch tatsächlich Zikaden vorhanden sind. Der amtliche Warndienstaufruf für ein Gebiet bedeutet nicht zwangsweise, dass auf jeder Fläche Zikaden auftreten. Je nach Situation kann es daher sinnvoll sein, erst einige Tage nach dem Warndienstaufruf zu behandeln. Bei der aktuellen Witterung ist es ohnehin schwierig, geeignete Spritzfenster mit wenig Wind und Sonne zu finden. Behandlungen bei sonnigen Bedingungen (aber keinesfalls in der Mittagshitze) lassen die höchsten Wirkungsgrade erwarten, da dann auch die Zikadenaktivität am höchsten ist.

Informationen zu den einsetzbaren Insektiziden, Behandlungsstrategien sowie Infos zu den Auflagen - LfL Externer Link

Auflagen beim Insektizideinsatz - ein Auszug der wichtigsten Bestimmungen:

Bienenschutz

Kontrollieren Sie vor einer Behandlung, ob der Bestand von Bienen beflogen wird, z.B. aufgrund von blühenden Beikräutern oder starker Honigtaubildung durch Blattläuse (v.a. in Kartoffeln relevant). Ist dies der Fall, ist der Wirkstoff Acetamiprid solo auszubringen. Beachten Sie, dass sich die Bienengefährlichkeits-Einstufung der Acetamiprid-haltigen Insektizide je nach Produkt unterscheidet: Während Mospilan SG und Danjiri B4 (= bienenungefährlich) ist, hat Carnadine 200 eine B2-Einstufung. B2 bedeutet bienengefährlich, ausgenommen bei Anwendung nach dem Ende des täglichen Bienenflugs bis 23.00 Uhr. B2 Mittel wie Carnadine 200 lassen sich daher auf Flächen, die von Bienen beflogen werden, nur nach dem Ende des Bienenfluges bis 23.00 Uhr einsetzen.

Kartoffelbesiedelnde Blattlausarten sitzen zumeist versteckt auf der Blattunterseite. Kontrollieren Sie daher an ca. 25 Pflanzen jeweils 1 Fiederblatt pro Pflanze. Um einen guten Überblick über die Besatzdichten zu erhalten, schauen Sie sich die Fiederblätter aus dem oberen, mittleren und unterem Blattbereich an, wobei die Blattläuse bevorzugt im unteren Blattbereich sitzen. Die Bekämpfungsschwelle liegt bei 10 Läusen/Fiederblatt.

  • Beachten Sie, dass Mischungen von Mosphilan SG, Danjiri und Carnadine 200 mit azolhaltigen Fungiziden immer bienengefährlich (B1) werden, Karate Zeon und Kaiso Sorbie wechseln von B4 (bienenungefährlich) zu B2.
    (in Kartoffeln können Insektizide problemlos mit reinen Krautfäulefungiziden kombiniert werden. Bei der Bekämpfung von Alternaria haben wir dagegen die Situation, dass oft azolhaltige Fungizide eingesetzt werden, die Einfluss auf die Bienengefährlichkeit der Mischung haben können)
  • Beachten Sie, dass alle zugelassenen Pyrethroide (Karate Zeon, Kaiso Sorbie, Decis forte, Sumicidin Alpha) in Mischungen mit Acetamiprid-Präparaten (Mosphilan SG, Danjiri und Carnadine 200) bienengefählich (B1) werden. Keine Anwendung bei Honigtau oder blühenden Unkräutern.

Gewässerschutz

  • Carnadine 200 hat im Gegensatz zu Danjiri und Mospilan SG die NG373.1010. Diese besagt, dass eine Anwendung auf einer Fläche nur erfolgen darf, wenn dort in den zwei vorhergehenden Kalenderjahren kein Acetamiprid ausgebracht worden ist.
  • Carnadine 200 hat in der Zuckerrübe - im Gegensatz zu Danjiri und Mospilan SG – eine Drainauflage und darf daher in dieser Kultur nicht auf drainierten Flächen eingesetzt werden.
  • Als einziges Pyrethroid darf Karate Zeon auf drainierten Flächen eingesetzt werden. Beachten Sie bitte, dass sich die einzelnen Pyrethroide zum Teil deutlich in den Gewässerabständen unterscheiden.
  • Beachten Sie zudem die unterschiedlichen Anwendungshäufigkeiten und Runoff Auflagen. Bei Karate Zeon und Kaiso Sorbie (Zuckerrüben und Kartoffel) und Decis forte (nur Zuckerrüben), gilt die NW uncodiert. Diese schreibt vor, dass zwischen einer behandelten Fläche mit einer Hangneigung von über 2 % und Oberflächengewässer – ausgenommen nur gelegentlich wasserführender, aber einschließlich periodisch wasserführender – ein mindestens 20 m breiter, mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsener Randstreifen vorhanden sein muss. Für die NW unkodiert gilt: Die Fläche darf nicht behandelt werden, wenn der 20 m breite bewachsene Randstreifen fehlt. Bei der NW706 gibt es eine Ausnahme, wenn die Behandlung auf einer Fläche im Mulch- oder Direktsaatverfahren erfolgt, ist der 20 m breite Randstreifen nicht erforderlich. Die Kriterien eines bewachsenen Randstreifens von 20 m Breite erfüllen z.B. Grünland, Ackergras oder Getreide (ab EC 30), nicht aber Hackfrüchte wie z.B. Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben.

Ackerbauliche Maßnahmen zur Zikadenbekämpfung

Die bisher wichtigste wirkende Maßnahme, die Schilf-Glasflügelzikade einzudämmen, ist eine ge-zielte Fruchtfolge. Der Anbau einer Sommerung – idealerweise Mais – anstelle von Winterweizen nach Zuckerrüben oder Kartoffeln reduziert die Vermehrung der Zikade deutlich.

Ein längerer Abstand zwischen Ernte und Folgefrucht, optimal 5–6 Monate, entzieht den Nymphen die Nahrungsgrundlage und schwächt sie erheblich. So lässt sich der Befallsdruck wirksam senken. Eine gemeinschaftliche Anpassung der Fruchtfolge in einer Region hat die größten Effekte. Dies zeigen sowohl die Ergebnisse aus den Modellregionen von Südzucker bei Ingolstadt also auch im Befallsgebiet Chablais in der Schweiz, in denen konsequent auf den Anbau von Winterungen nach Zuckerrüben verzichtet wurde und so eine deutliche Reduktion der Nymphen und als Folge signifikanten Ertragssteigerungen bei Zuckerrüben erreicht werden konnten.

Auch wenn die Fruchtfolgeanpassung in der Praxis Herausforderungen mit sich bringt, sollten Sie mit Hinblick auf den zukünftigen Kartoffelanbau unbedingt auf Winterungen nach Zuckerrüben und Kartoffeln verzichten!

Auch bei der Auswahl an Zwischenfrüchten zeigen sich Unterschiede in der Attraktivität für die Nymphen. In Gewächshausversuchen von IfZ und ltz waren in der Begrünung mit Ölrettlich der geringste Anteil an überlebenden Nymphen. Senf schnitt etwas schlechter ab und die Begrünung mit Ramtillkraut zeigte die schlechtesten Ergebnisse. Hier war die Überlebensrate im Versuch sogar noch größer als bei Folgefrucht Weizen.

amtliches Monitoring - Zikadenfänge

Seit dem 19.05.2025 werden die Zikadenfänge auf den Klebetafeln wöchentlich ausgewertet. In ISIP werden die Monitoringdaten für Kartoffel- und Zuckerrübenflächen in zwei Karten getrennt dargestellt:

Fänge der Schilfglasflügelzikade des AELF Augsburg 2025
Standorte 19.05.26.05.02.06.10.06.16.06.23.06.30.06.07.07.14.07.21.07.28.07.
Egenhofen ZR
(FFB)
00000100000
Egenhofen KA
(FFB)
00000001000
Kleinberghofen KA
(DAH)
00000101000
Kleinberghofen ZR
(DAH)
000022122000
Sulzemoos KA
(DAH)
00000000000
Sulzemoos ZR
(DAH)
00000200000
Nähermemmingen KA
(DON)
00103422000
Baldingen ZR
(DON)
00010733020
Langenreichen KA
(A)
000141431000
Holzheim KA
(DLG)
10003264100
Holzheim ZR
(DLG)
1000212102000
Sainbach KA
(AIC)
00410100000
Sainbach ZR
(AIC)
00663100100
Neuburg Donau KA
(ND)
000071248320
Klingsmoos KA
(ND)
00000014000
Inningen ZR
(A)
00001331000
Graben KA
(A)
00000311000
Gerolsbach
(PAF)
00000100000
Kühbach
(AIC)
00100001000
Altomünster
(DAH)
00000231000
Karlskron
(ND)
0020203377000
Lampertshofen
(ND)
001181053010
Hebertshausen
(DAH)
00010071000
Ilmmünster
(PAF)
00011010000
Hilgertshausen
(DAH)
00000000000
Westenhausen
(PAF)
0013204029103
Ebenhausen
(PAF)
1291433331515000
Vohburg
(PAF)
1018910432100
Waidhofen
(ND)
00321406000
Zuchering
(IN)
111154028210
Münster
(DON)
00227 (03.06.)21581833110
Thierhaupten
(AIC)
0055312374100
Rehling
(AIC)
10000358000
Buch, Ehekirchen
(ND)
0014225519000
Kleinanhausen
(GZ)
00003714100
Mittelstetten
(AIC)
00000022000
Rottbach
(FFB)
10303323300
Geretshausen
(LL)
00000000000
Prittrichring
(LL)
00000100000
zu beachten:

Die Fänge der Schilfglasflügelzikade können auch innerhalb weniger Kilometer stark schwanken. Außerdem kann seit dem Warndienstaufruf beobachtet werden, dass die Fänge auf Schlägen, die gegen die Schilfglasflügelzikade behandelt wurden, stark dezimiert sind, teilweise bis 0 zurückgehen.